Burg Kirkel - Ausgrabung und Restaurierung 1997
Text und Fotos: Christel Bernard, Dezember 1997.
Die Durchführung des Projektes erfolgt in Kooperation mit dem
Staatlichen Konservatoramt des Saarlandes.
Inhalt:
1. Die Restaurierung
Die seit langem geplante Sicherung des Eckigen Turms konnte 1997 vollendet werden, weil für die Restaurierung
der Ruine ein Zuschuß im Sinne der Förderung des Fremdenverkehrs durch das Wirtschaftsministerium bewilligt
wurde. Ein Drittel der Kosten wurden durch die Gemeinde getragen, zwei Drittel durch das Wirtschaftsministerium. Im Mai
wurde die Turmruine vollständig eingerüstet.
Abb. 1: Der Eckige Turm mit Gerüst nach Abschluß der Restaurierung. Das Halbrund des Donjon auf
der Oberburg ist bereits mit einer Lage von Buckelquadern überbaut worden.
Weil der Mörtel mürbe war, sind die Mauerfugen ausgestemmt worden, und anschließend hat man
die Steinoberflächen so behutsam mit einem Sandstrahl gereinigt, daß die Patina möglichst
unbeschädigt erhalten geblieben ist. Das Gefüge einiger Quader war nicht mehr tragfähig.
Sie sind 0,40 m tief ausgestemmt und anschließend ersetzt worden. Dabei zeigte sich, daß die Kernsubstanz
des Mauerwerks noch in sehr gutem Zustand ist. Nachdem die Außenflächen verfugt und an einigen Stellen
Mörtel in dahinterliegende Hohlräume gepreßt worden ist, wurde das Mauerwerk der Außenschalen
an beiden Abbruchflächen um ca. 1 m verlängert und mit Füllwerk aus Bruchsteinen und Mörtel
hintermauert. Der Spritzbeton, der jahrzehntelang die Abbruchflächen behelfsmäßig vor Wind und Wetter
geschützt hatte, wurde vollständig entfernt und der Mauerkern dahinter durch das gleiche Füllwerk
ergänzt und verdeckt. Die Spitze der Ruine bestand leider nur noch aus lockerer sandiger Erde. Kein Wunder, daß
die sagenumwobene Birke dort oben so gut gedieh! Der Baum wurde mit einer mächtigen Wurzel entfernt und am
Fuße des Oberburgkegels in der Nähe der Burgklause wieder eingepflanzt. Das weiche Material auf der Spitze
der Turmruine wurde ersatzlos abgetragen, so daß der Turm heute um ca. 1,20 m kürzer ist als vor der
Restaurierung. Oberhalb des bereits 1994 ergänzten Innengewölbes wurde mit Bruchsteinen aufgemauert,
um das Gewölbe durch die zusätzliche Last zu festigen. Der Eckige Turm ist heute rundum sicher vor weiterem
Eindringen von Regenwasser, vor Auswaschung und Frostsprengung, so daß er die nächsten Jahrzehnte
unbeschadet überstehen kann, ohne daß sich durch die Restaurierung sein charakteristisches Bild
verändert hätte.
Anschließend konnte die Sicherung des Oberburgplateaus begonnen werden, indem dort die halbrunde Mauerschale
des Donjon aus dem 13. Jh. um eine Steinlage mit neuen Buckelquadern überbaut wurde. Das Gerüst soll im
nächsten Frühling an den Runden Turm umgesetzt werden, um dessen Mauern neu zu verfugen, die
Maueranschlüsse zu festigen und das Dach auszubessern.
2. Die neue Arbeitsstruktur
Die Fortführung der archäologischen Ausgrabung ist aufgrund der Initiative des Saarpfalz-Kreises seit 1997 langfristig gesichert:
Seit dem 1.5.1997 hat die kreiseigene gemeinnützige
Gesellschaft für Arbeit und Qualifizierung im Saarpfalz-Kreis (AQuiS) die Trägerschaft übernommen. Die AQuiS hat die Förderung der Denkmalpflege, der Heimatpflege und Heimatkunde
im Rahmen von Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahmen zum Ziel. Außer mir als Archäologin und Abteilungsleiterin ist Herr Albert Nitsch
als Grabungstechniker tätig und weiterhin ein Team von
zehn ArbeiterInnen in befristeten Verträgen, die zuvor Sozialhilfe bezogen haben. Diese Personen werden durch einen Lehrer und einen Sozialarbeiter für einen (Wieder-)Einstieg ins Berufsleben vorbereitet und sind während 15 Prozent ihrer Dienstzeit als GrabungshelferInnen tätig.
Abb. 2: Das Grabungsteam 1997/98. Ganz oben Grabungstechniker Albert Nitsch.
3. Die archäologischen Untersuchungen
Inzwischen sind die Freilegungsarbeiten im Bereich östlich der Oberburg weit fortgeschritten. In diesem Areal ist
anhand eines französischen Grundrißplans von 1679 ein großes Gebäude zu lokalisieren, welches
in den Unterlagen von David Ecker (Kirkel-Neuhäusel und seine Burg, 1937) als der "Neue Bau" von Herzog Johann I von Zweibrücken bezeichnet
wird, ein Gebäude, das, laut den von Ecker ausgewerteten Quellen, herzöglichen Wohn- und Repräsentationszwecken diente und gegen Ende des 16. Jh.
errichtet worden war. An dieser Stelle tritt inzwischen unter zwölf Meter hohen Schuttmassen eine ausgeklügelte Zugbrückenanlage zutage, die den Zugang zur
sog. Ritterburg und der Oberburg kontrollierte. Die Bearbeitungsweise der großen Quader läßt den Schluß zu, daß diese Anlage im späten 16. Jh.
errichtet worden sein könnte und somit eventuell das Erdgeschoß des "Neuen Bau" darstellt.
Abb. 3: Burg Kirkel, erste Beringebene 1997. Blick von Norden auf die Grabungsfläche mit der
Zugbrückenanlage. Unten rechts der Brückenkopf, dahinter der Torgraben, die Torlaibung und
die Brückenkeller. Die Flächen sind noch nicht vollständig ergraben.
Das südliche Tor dieses Gebäudes ist bereits 1995 freigelegt worden. Durch dieses führt ein von
Süden kommender gepflasterter Weg in das Gebäude hinein. Sein weiterer Verlauf war steil absteigend in
Richtung Norden; er ist nicht mehr als Pflasterung erhalten, sondern beidseitig an den Mauern durch Fallmörtel auf
dem Wegeniveau erkennbar. Er lief auf zwei nebeneinander angeordnete Zugbrücken zu, eine ca. 2 m breite
Wagenbrücke im Westen und eine ca. 1 m breite Mannbrücke im Osten mit jeweils entsprechenden
Torbögen. Bevor er diese Brücken erreichte, überquerte der Weg die Brückenkeller, die durch
eine Lage von Holzbohlen auf einer breiten Mauervorlage überdeckt waren. Die Brückenkeller befinden sich
südlich hinter den Zugbrücken und sind gemauerte Kammern zur Aufnahme der Gegengewichte, die sich
absenken, falls die Brücken hochgezogen wurden. Dabei wird es sich um gezimmerte Kästen, gefüllt mit
Steinen, gehandelt haben, die durch Ketten über eine Führung mit den Brücken verbunden gewesen sind.
Die Brücken selbst waren mit einer horizontalen Achse beidseitig im untersten geschmiegten Quader der Torlaibungen
befestigt; in zwei erhaltenen Quadern sind die Ausbrüche dieser Verankerungen noch zu erkennen. Auf dem jetzigen
Niveau der Freilegung ist der Mauerabschluß der Brückenkeller zum davor liegenden Torgraben nicht erhalten,
jedoch die umliegenden Seiten dieses Grabens, so daß man erkennen kann, daß er sich über die gesamte
Torfront erstreckt und fast 4 m breit ist. Die Tiefe dieses Grabens ist noch unbekannt. Der Brückenkopf an der
nördlichen Seite des Grabens, auf dem die Zugbrücken in herabgelassenem Zustand ruhten, ist vermutlich mit
zwei hintereinander angeordneten Torbögen überwölbt gewesen, wie die erhaltene unterste Lage des
aufgehenden Mauerwerks vermuten läßt. Weiter nördlich ist der Verlauf des Weges noch nicht zu erkennen,
das Gelände ist dort stark abschüssig. Falls die alten Darstellungen zutreffen und sich hier der "Neue
Bau" befunden hat, müßte dieser gesamte Bereich überwölbt gewesen sein, und zwar mit einer
lichten Höhe von mehr als 4 m, damit die 4 m langen Zugbrücken hochgezogen werden konnten.
Abb. 4: Blick von Nordosten auf den Bereich des "Neuen Bau". Im Vordergrund die Trennmauer zwischen
dem schmalen (links) und breiten Brückenkeller (rechts). Am rechten Bildrand die Torlaibung. Die Brückenkeller
waren früher mit einem Bohlenbelag abgedeckt gewesen, über den der Weg nach Süden ansteigend
verlief. Die Bohlen lagen auf einer breiten Mauervorlage, die auf dieser Seite ausgebrochen ist. Ihre Höhe ist in der
Fortsetzung zu den beiden großen Quadern der vierten Reihe von unten am rechten Bildrand zu ergänzen. Der
Wegeverlauf ist anhand des Fallmörtels an der Mauer bis zum Pflaster im südlichen Tor zu
rekonstruieren (Pfeil).
Vom Brückenkopf aus tritt im Osten ein außerordentlich massiver Mauerkern zutage, der vermutlich in
Richtung Nordosten verläuft und älteres Mauerwerk integriert. Wahrscheinlich ist dies die Rückseite
der Mauer, die man von der Schloßstraße aus im Garten der Familie Kunkel erkennen kann. Aufgrund der
Stärke kann man sie als Schildmauer ansprechen. Diese scheint die bisher freigelegten Umfassungsmauern des
"Neuen Bau" an der ganzen Ostseite entlang zu umschließen und noch weiter südlich zu verlaufen.
Auf der gesamten Länge tritt nämlich eine entsprechende Abbruchfläche von mehreren Metern Breite
zutage, konnte allerdings aus Gründen unserer Abraumbeförderung noch nicht komplett freigelegt werden.
In keinem der geschilderten Bereiche sind bislang die alten Oberflächen bzw. der natürliche Untergrund erreicht,
so daß wir erst in der nächsten Grabungskampagne endgültige Aufschlüsse und vermutlich auch
interessante Fundobjekte erwarten dürfen.
Insgesamt sind die teilweise über vier Meter hoch anstehenden, mancherorts mehr als drei Meter dicken Mauern
in hervorragendem Erhaltungszustand und legen ein beredtes Zeugnis von der Wehrhaftigkeit und Größe der
ehemaligen Reichsfeste ab.
Abb. 5: Rekonstruktionsvorschlag durch Überzeichnung des Fotos:
Blick von Nordosten; die Zugbrücken sind nicht dargestellt, um den Torgraben sichtbar zu lassen.
A - schmales Tor
B - breites Tor
C - Torgraben; dahinter liegen die Brückenkeller
D- Mauerstumpf des Brückenkopfes, ursprünglich mit zwei hintereinander angeordneten Torbögen
E - östliche Umfassungsmauer (im Schnitt dargestellt),
F - Aufmauerung am Felsmassiv der Oberburg
Abb. 6: Rekonstruktionsvorschlag durch Überzeichnung des Fotos:
Blick von Norden.
A, B - die beiden Tore mit herabgelassenen Zugbrücken
C - Torgraben
D - Brückenkopf mit Holzbohlenbelag als Fußboden
E - östliche Umfassungsmauer
F - Überwölbung der Anlage? (Mitte oben)